Zugemörtelt das Loch, durch das das Rohr geführt wurde, das sich diesseits an der Wand entlang durch den Raum zog und ihn zur Gaskammer machte. Jenseits der Mauer mündete das Rohr in ein Ventil, an das Kohlenmonoxidflaschen angeschlossen wurden. Als in Hadamar die Gaskammer deinstalliert und die Krematoriumsöfen abgebrochen wurden, im Frühjahr 1942, blieb diese Bauspur zurück. Die folgenden 40 Jahre interessierte sich niemand dafür. Dieser Zeitraum umspannt eine weitere Phase der Tatgeschichte (August 1942 bis März 1945), eine etwa zweijährige Phase der Strafverfolgung und 36 Jahre bundesrepublikanische Vergangenheitspolitik.

Ehemalige Gaskammer in Hadamar
Ehemalige Gaskammer in Hadamar

Die „Aktion T4“ – die Ermordung des Stamms der Anstaltspatienten des Deutschen Reichs zwischen Januar 1940 und August 1941 –  steht oft im Mittelpunkt des Interesses an der NS-„Euthanasie“. Das weniger standardisierte Mordgeschehen danach, die Befreiung und was folgte, ist weit weniger bekannt und von vielen Irrtümern durchzogen. So wie der Rauch über dem Anstaltsgebäude das Emblem für die „T4“-Tötungsanstalt Hadamar geworden ist, könnte der zugemörtelte Gasrohr-Durchbruch das Bild der Nachkriegszeit sein: Zu lesen nur mit einem Interesse, das Hinweise, Zeugenaussagen und Bauspuren zusammenfügt.

In diesem Blog werden einerseits Forschungsergebnisse präsentiert und diskutiert, andererseits Facetten der Tat- und Nachgeschichte erörtert und beleuchtet. Auseinandersetzungen mit neuen Arbeiten finden ebenso Platz wie Fundstücke, Bilder und Marginalien aus Archiven und Bibliotheken.

Es ist kein Geheimnis, dass die Tatbeteiligten weitgehend einer instrumentellen Vernunft folgten, die offensichtlich triftige Gründe zur Mitarbeit bereithielt. Über den Verbleib dieser Gründe wie der zugrunde liegenden Vernunft gilt es sich Rechenschaft abzulegen.